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Was ist das Uno-actu-Prinzip?

Das Uno-actu-Prinzip lässt sich einfach erklären. Der lateinische Begriff trennt eine Dienstleistung klar von einer Sachleistung. Mit den Wörtern „uno“ für eins (oder: in einer) und „actu“ für Unternehmung wird beschrieben, dass die Produktion einer Leistung und der Konsum durch einen Verbraucher zeitlich zusammenfallen. Sachleistungen sind lagerfähig, können transportiert und auf Vorrat produziert werden. Für Dienstleistungen gilt das nicht. Wird eine Dienstleistung zu einem bestimmten Termin nicht abgerufen, verfällt sie. Ein möglicher Umsatz wird nicht erzielt und kann auch nicht nachgeholt werden.

Das Uno-actu-Prinzip erfordert bei personenbezogenen Dienstleistungen die räumliche Nähe von Anbieter und Nutzer. Kommunikation und Interaktion der Beteiligten bestimmen wesentlich das Ergebnis des Prozesses. Im E-Business entfällt diese Nähe und teilweise auch die natürliche Person bei der Leistungserbringung. Die Kooperation zwischen Produzent und Konsument ist wesentlich reduzierter und erfolgt oft automatisiert.

Uno-Actu

Wie gestaltet sich der Prozess der Leistungserbringung?

Beispiele für das Uno-actu-Prinzip sind vor allem in der Dienstleistungsorientierten touristischen Branche zu finden. Dazu gehören der Verkauf von Flugleistungen oder die Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben. Auch eine Mehrzahl der Leistungen aus dem medizinischen Bereich und der Kosmetikbranche werden betriebswirtschaftlich unter diesem Begriff betrachtet.

Welche betriebswirtschaftlichen Auswirkungen ergeben sich?

Unternehmen bieten Ihre Dienstleistungen im Voraus an und halten diese zu den geplanten Zeiten bereit. Sie ermöglichen das Reservieren oder den Kauf der in der Zukunft stattfindenden Leistung. Die tatsächliche Leistungserstellung bereitet man teilweise vor, beispielsweise durch die Bereitstellung der materiellen Bestandteile. Zum Leistungstermin stehen die Mitarbeiter zur Produktion dieser bereit. Ruft man die Leistung nicht ab, bleiben dem Unternehmen die Kosten für die Mitarbeiter, auch, wenn diese keine Leistung erbracht haben. Durch die fehlende Lagerfähigkeit produziert man somit keinen länger haltbaren, valuablen Mehrwert.

Beispielsweise bietet man für einen Flug einen Sitzplatz zu einem festen Termin auf einem ausgesuchten Flieger an. Er ist im Voraus buchbar, die Leistung Flug erfolgt zum festgelegten Datum. Lässt er sich nicht verkaufen, bleibt der Platz leer und die mögliche Leistung entfällt ersatzlos. Man generiert keinen Umsatz. Die anteiligen Kosten für die Crew und die Maschine sind vom anbietenden Unternehmen zu tragen.

Dienstleistungen erfordern ein hohes Maß an Kommunikation und interaktivem Handeln. Beide lassen sich von Menschen – Anbieter und Nutzer – erbringen. Diese Leistung ist schwer bewertbar, sie ist abhängig von sozialen Komponenten, vom Wissen und Können eines Einzelnen und wird nicht zuletzt von äußeren Faktoren beeinflusst.

Uno-Actu

Wie viel Kommunikation ist relevant?

So bestimmt die Qualität einer Hotelübernachtung einerseits der materielle Teil der Leistung, nämlich die Ausstattung des Hotels und des Zimmers. Das Verhalten der Mitarbeiter bei der An- und Abreise, beim Service im Restaurant, bei der Zubereitung der Speisen oder der Reinigung der Zimmer entscheidet über die Qualität der Dienstleistung. Dabei kann es bei der Umsetzung dieser zu erheblichen Unterschieden in der Ausführung kommen. Die Akzeptanz des Nutzers spielt eine große Rolle, die Wahrnehmung oder der Anspruch an eine Dienstleistungsqualität unterscheidet sich von Mensch zu Mensch.

Wie können die Nachteile des Uno-actu-Prinzips verringert werden?

Eine Reduzierung des Umsatzausfalls ist durch eine betriebswirtschaftliche Planung der angebotenen Ressourcen möglich. Dabei geht es in einem ersten Schritt um die möglichst exakte Vorausschau der vorhandenen Nachfrage. Hinzukommt die Einschätzung, welche Nachfrage zu welchem Zeitpunkt vorherrscht. In einem zweiten Schritt ist dieser Nachfrage ein angepasstes Dienstleistungsangebot entgegengesetzt. Zusätzlich lassen sich die Preise entsprechend dem zeitlichen Eintreffen der Nachfrage angleichen.

In der Luftverkehrsbranche fanden in den 80er Jahren unter dem Begriff Yield-Management erfolgreich erste Ansätze statt, den Umsatzausfall durch verfallene Flüge zu minimieren. Heute ist das Verfahren betriebswirtschaftlich ausgereift. Fast alle touristischen Unternehmen steuern professionell Preise und Kapazitäten für die optimale Auslastung bei maximalem Gewinn.

Für eine gleichbleibende Dienstleistungsqualität können Unternehmen Standards setzen, trainieren und diese ihren Kunden kommunizieren. Nutzer wissen somit besser, was sie erwartet. Sie entscheiden sich gezielter und planbarer für eine Dienstleistung. Hält das Unternehmen die versprochene Qualität dauerhaft, kann es mit der so definierten Zielgruppe künftige Leistungen nach dem Uno-actu-Prinzip besser planen und Umsatzausfälle vermeiden.

Was bedeutet das Uno-actu-Prinzip für das E-Business?

Normalerweise erfordern die gleichzeitige Erstellung und der Konsum einer Leistung eine räumliche Nähe. Kosmetische Behandlungen beispielsweise können nur erfolgen, wenn eine Kundin im Kosmetiksalon die Anwendung direkt durch die Kosmetikerin erfährt. Eine Reisebuchung erfolgte lange ausschließlich durch den Kontakt von Kunde und Mitarbeiter des Reiseunternehmens oder Reisebüros.

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Wie gestaltet sich das Prinzip im E-Business

In der digitalen Branche führt man einige Dienstleistungen durch die globale Vernetzung jetzt auch über große Entfernungen aus. So lassen sich Reisebuchungen online vorgenommen oder Waren per Internetshopping erwerben. Auch Beratungsleistungen oder die Teilnahme an hybriden Veranstaltungen realisiert man häufig über das Internet. Bei diesen Dienstleistungen entfällt die räumliche Nähe.

Häufig benötigt man aufseiten des Anbieters für den eigentlichen Prozess der Leistungserstellung keine natürliche Person mehr. Durch den Einsatz einer Software lassen sich diese Kosten auf die für Entwicklung, Pflege und Wartung derselben reduzieren. Die Nachteile des Uno-actu-Prinzips vermindern sich deutlich. Eine weitere Minimierung erfolgt durch die Entzerrung des Leistungsprozesses. So spaltet sich die Dienstleistung „Produktkauf“ in mehrere Ebenen auf: Bestellung, Verarbeitung, Verpackung, Versand, Abrechnung, Interaktion mit dem Kunden erfolgen zu unterschiedlichen Zeiten und oft durch mehrere Leistungserbringer.

Welche Kritikpunkte lassen sich beim klassischen Begriff des Uno-actu-Prinzips erkennen?

Viele Dienstleistungen enthalten eine mehr oder weniger große Sachleistung und umgekehrt. Die eindeutige und klare Abgrenzung ist nicht möglich. Dieser Umstand steht in der neuen betriebswirtschaftlichen Forschung in der Kritik. Nach dieser Betrachtung lässt man das Uno-actu-Prinzip nur zu, wenn für den Prozess der Leistungserstellung Anbieter und / oder Nutzer in einem hohen Maße kommunikativ und interaktiv beteiligt sind.

Claudia Rothenhorst