Was ist ein Kartell?
Der Begriff „Kartell“ bezeichnet zweckmäßige Absprachen von mindestens zwei selbstständig agierenden Unternehmen. Das Ziel ist die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen, wobei der Wettbewerb durch die Bildung eines Kartells verzerrt ist. Aus diesem Grund sind Kartelle in Deutschland in vielen Fällen verboten, ein Verstoß gegen das Kartellgesetz zieht folglich eine hohe Geldstrafe nach sich.
Eine kurze Geschichte der Kartelle
Bereits im römischen Kaiserreich, vor rund 2.300 Jahren, gab es Kartelle. Im europäischen Mittelalter wuchs die Bedeutung von Wirtschaftskartellen: So bestanden die meisten Handwerker aus Mitgliedern einer „Zunft“, einer Körperschaft von Handwerkern aus der gleichen Branche. Diese sieht man heute als kartellähnlich an, da sie unter anderem starke Wettbewerbsverzerrungen zur Folge hatten und den Preiswettbewerb teilweise ausschalteten. Im späteren Mittelalter bildeten sich insbesondere im Bergbau (teils internationale) Vertriebskartelle aus, die die Gesamtproduktion gemeinschaftlich verkauften.
Wer arbeitet wie zusammen?
Die erste dokumentierte Verwendung des Begriffs „Kartell“ lässt sich auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückführen. Wenige Jahre später entstand die einflussreiche Kartellbewegung in Österreich und Deutschland, während der sich im Zuge der Industrialisierung Unternehmen derselben Wirtschaftszweige kooperativ zusammenschlossen. Kartelle waren zu diesem Zeitpunkt nicht gerichtlich verboten, und Interessenverbände der Industrie setzten sich offen dafür ein, Wirtschaftskartelle zu bilden. Eines der Ziele war, eine höhere Effizienz durch Arbeitsteilung, Senkung von Verwaltungskosten, gemeinsame Transporte und Skaleneffekte zu erreichen sowie dem „ruinösen Wettbewerb“ und extremen Konjunkturschwankungen zu entgehen. Wichtige im späten 19. Jh. gegründete Kartelle und Syndikate gab es vor allem in der Grundstoffindustrie. Beispielsweise das internationale Aluminiumkartell, Erdölkartelle in den USA und die Kohle-Syndikate im Rheinland und im mitteldeutschen Kohlerevier.
Noch gibt es Kartelle!
Auch heutzutage gibt es Kartelle, wobei es in den meisten Ländern seit Ende des Zweiten Weltkriegs ein weitgehendes Kartellverbot gibt. Dieses regelt sich in Deutschland durch das Bundeskartellamt und auf Ebene der EU durch die Europäische Kommission und greift immer dann, wenn der Wettbewerb durch Absprachen eingeschränkt, aufgehoben oder verfälscht wird. Nennenswerte Kartelle in der neueren Vergangenheit sind u.a. das 2011 aufgelöste LKW-Kartell zwischen verschiedenen Automobilherstellern und das Bildröhrenkartell zwischen Herstellern von Fernsehern und Computermonitoren. Beide Kartellbildungen erhielten Strafen von jeweils über einer Milliarde Euro. Weiterhin aktiv ist das Staatenkartell OPEC. Hier haben sich sich einige der wichtigsten ölfördernden Nationen zusammengeschlossen haben. Der Preis von Öl durch ihre Marktmacht (Marktanteil von knapp 30 % im Jahr 2021) soll u.a. durch eine Verknappung der Fördermenge nach oben treiben.
Eigenschaften von Kartellen
Es gibt einige notwendige Bedingungen zur Klassifizierung als Kartell, da diese Bündnisse teilweise schwer erkennbar sind. Per Definition müssen die Unternehmen, die sich zu einem Kartell zusammengeschlossen haben, eigentlich direkte Konkurrenten sein. D.h. sie bieten ein bestimmtes Gut gleichermaßen an oder fragen dieses nach. Des Weiteren sind die Mitglieder selbstständig und nicht voneinander abhängig. Dadurch müssen sie ihr Verhalten durch vorherige Verhandlungen abstimmen, wobei teils divergierende Interessen im Weg stehen können. Außerdem stehen die beteiligten Wirtschaftssubjekte in einer unmittelbaren Beziehung und kommunizieren direkt miteinander.
Kartell ist nicht gleich Kartell
Wenn zur Debatte steht, ob ein konkretes Konstrukt ein Kartell ist, können auch verschiedene Ausschlusskriterien zum Tragen kommen. Es gibt eine deutliche Abhängigkeit unter den Unternehmen, beispielsweise durch eine hierarchische Organisation oder Zentralismus, bei dem ein Mutterkonzern seine Tochterunternehmen direkt kontrolliert. Auch die Autonomie der Mitglieder ist von Bedeutung. Zwingt ein Staat beispielsweise verschiedene Unternehmen dazu, zu kooperieren, ist dies per Definition nicht als Kartell zu werten. Bei einem Kartell stehen die Teilnehmer zueinander in direkter Konkurrenz. Wenn sich ein Arbeitgeberverband und eine Gewerkschaft abstimmen, ist dies ebenfalls kein Kartell, da die Individuen nicht einander gleichgestellt sind.
Welche Arten von Kartellen gibt es?
Kartelle sind nicht zwingend verboten. Teils kann man sogar die Gesamtwohlfahrt durch Absprachen zwischen Unternehmen erhöhen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Krise zu starken Umsatzeinbrüchen für eine Wirtschaftsbranche führen würde. Dieser Einbruch ließe sich dann durch ein Krisenkartell abmildern. Die Erlaubnis dafür erhalten kleine und mittelgroße Unternehmen häufiger vom deutschen Bundeskartellamt als große Firmen, die weniger krisenanfällig sind. Ein sogenanntes Rationalisierungskartell verringert den Wettbewerb zwischen Unternehmen, indem diese zum Beispiel einzelne Schritte der Produktion aufteilen. Die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Unternehmen steigen dadurch an Ebenso sind Absprachen zwischen Firmen nicht verboten, die zum Ziel haben, homogene Normen festzulegen, wenn diese offen kommuniziert werden.
Was ist verboten?
Verboten sind hingegen alle Formen von Kartellen, die die Erzeugung eines ungerechten Vorteils zum Ziel haben, zur Bildung eines Monopols führen oder den freien Wettbewerb anderweitig stark einschränken. Meist gehen diese zulasten der Verbraucher. Typische Formen von illegalen Kartellen sind beispielsweise das Preis-, Submissions– und Gebietskartell. Beim Preiskartell erfolgt eine Abstimmung der Preise. Dadurch entsteht ein höherer Gewinn. Ein Submissionskartell liegt vor, wenn Firmen bei (staatlichen) Ausschreibungen absprechen, wer diese gewinnen soll. Dadurch hebeln sie den Wettbewerbsmechanismus aus.
Möglichkeiten eines Kartells
Bei einem Gebietskartell teilen die Unternehmen Gebiete untereinander auf, wodurch sie innerhalb dieser Regionen von einem geschwächten Wettbewerb profitieren. Bei einem Produktionskartell erfolgt eine Abstimmung von Produktions- und Absatzvolumen, um zu verhindern, dass es ein Überangebot des jeweiligen Produktes auf dem Markt gibt. Damit bezwecken die Kartellmitglieder, dass der Absatzpreis ein bestimmtes Niveau nicht unterschreitet. Und dass sie ihre gesamte Produktionsmenge absetzen können. Dabei müssen die Mitglieder entweder eine bestimmte Produktionsmenge einhalten oder eine bestimmte Quote des Produktionsvolumens erreichen.
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