Viele mittelständische Unternehmen haben längst umfangreiche Digitalisierungsmaßnahmen eingeleitet und dennoch bleibt der reibungslose Ablauf zwischen Softwarelösungen, Abteilungen und Standorten oft eine Baustelle. Die zuständigen Führungskräfte sollten daher wissen, an welchen Stellen digitale Prozessketten häufig ins Stocken geraten, welche Folgen das hat und wie Unternehmen diese Lücken systematisch schließen.
Digitale Brüche im Unternehmensalltag
Ein klassisches Beispiel für unterbrochene Prozessketten findet sich in der Warenwirtschaft. Daten aus der Lagerverwaltung werden per Hand in Buchhaltungs- oder CRM-Systeme übertragen, häufig durch fehleranfällige Exporte oder manuelle Copy-Paste-Verfahren. Die Folgen sind Verzögerungen, Dubletten, Medienbrüche und inkonsistente Informationen, die wiederum zu falschen Bestellungen, einem mangelhaften Kundenservice oder Liquiditätsproblemen führen. Dabei sind digitale Lösungen für die Organisation der Warenwirtschaft heute selbst für kleine Betriebe bezahlbar und intuitiv bedienbar. Trotzdem scheitert die Umsetzung oft an nicht konsequent durchleuchteten oder nicht sauber digital abgebildeten Prozessen.
Fehlende Schnittstellen als unterschätztes Risiko
Insellösungen sind in vielen Unternehmen historisch gewachsen. Ein ERP hier, ein separates Zeiterfassungstool dort, dazwischen viel Excel. Solche Strukturen wirken auf den ersten Blick kostengünstig, kosten aber im Tagesgeschäft vor allem massiv Zeit. Denn zwischen diesen Systemen fehlen standardisierte Schnittstellen (APIs), die Daten automatisiert weiterreichen.
Laut einer Studie des Bitkom e.V. zur digitalen Transformation im Mittelstand geben 56 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die mangelnde Systemkompatibilität ein deutliches Hindernis darstellt. Fast jedes zweite Unternehmen nutzt sogar Software, deren Support bereits ausgelaufen ist, mit allen damit verbundenen Sicherheitsrisiken.
Effizienz entsteht jedoch dort, wo Systeme miteinander sprechen. Möchten Unternehmen also digitale Prozessketten aufbauen, sollten sie bereits bei der Softwarewahl auf eine gute Integrationsfähigkeit achten oder bestehende Tools zumindest durch standardisierte Schnittstellen (REST-API, CSV-Exporte, Middleware) verknüpfen.
Mensch gegen Maschine
Wo Papier im Spiel ist, wird es langsam. Ob Urlaubsanträge, Rechnungen oder Verträge; alles, was noch per Ausdruck, Unterschrift und Scanner den Weg durchs Unternehmen nimmt, blockiert Tempo, Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
Digitale Workflows schaffen hier Abhilfe, vorausgesetzt, die Einführung erfolgt technisch und zugleich kulturell. Viele Mitarbeiter fühlen sich durch die Umstellung zunächst überfordert oder befürchten einen Kompetenzverlust. Ein nachhaltiger Erfolg setzt daher auf eine frühzeitige Einbindung, verständliche Schulungen und eine positive Fehlerkultur. Das gilt auch dann, wenn neue Tools zunächst für Reibungsverluste sorgen.
Typische Schwachstellen in KMU
Besonders häufig lassen sich Effizienzlücken in folgenden Bereichen nachweisen:
- Rechnungswesen: Kein durchgängiger Belegfluss, manuelle Freigaben, keine OCR-Erkennung
- Vertrieb: CRM-Systeme werden nicht aktuell gepflegt, es fehlen automatisierte Follow-ups
- Personalabteilung: Digitale Personalakten, automatische Urlaubsplanung oder digitale Onboarding-Prozesse sind selten etabliert
- Einkauf & Lager: Fehlende Bedarfsprognosen oder automatische Bestellvorschläge führen zu Engpässen oder Überbeständen
- Vertragsmanagement: Laufzeiten und Kündigungsfristen werden manuell gepflegt, was Fristversäumnisse begünstigt
Diese Schwachstellen kosten bares Geld. Eine Untersuchung von Deloitte beziffert die Produktivitätsverluste durch unzureichend digitalisierte Prozesse in mittelständischen Unternehmen auf bis zu 20 Prozent der Arbeitszeit. Durch ein klar strukturiertes, individuelles und aktuelles Digitalkonzept ist die Effizienz eines Unternehmens folglich spürbar zu steigern.
Best Practices aus dem Mittelstand
Hat ein KMU erfolgreiche digitale Prozessketten etabliert, startet es meist mit einer einfachen, aber konsequenten Analyse. Welche Prozesse laufen redundant oder doppelt? Wo erfasst es Daten mehrfach oder wechselt Medien? Auf Basis der gefundenen Antworten entstehen Prozesslandkarten, die helfen, Abläufe neu zu denken und unnötige Zwischenschritte zu eliminieren.
Ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen reduziert zum Beispiel seine Durchlaufzeiten in der Angebotserstellung, indem es CRM, Kalkulationssoftware und ERP nahtlos miteinander verknüpft. Maßgeblich ist dabei neben der Einführung eines neuen, besseren Systems die intelligente Verknüpfung bestehender Tools. Idealerweise ergänzen Unternehmen derartige Bemühungen um ein einfaches Workflow-Tool zur Freigabe automatisierter Prozesse.
Klein starten, konsequent verbessern
Die Digitalisierung ist nicht zwingend ein Mammutprojekt. Speziell kleinere Betriebe genießen vielmehr diverse Vorteile durch eine gezielte Verbesserung einzelner Prozessketten. Das zeigt sich beispielsweise bei einer digitalen Reisekostenabrechnung oder einem automatisierten Rechnungseingang. Hierbei ist es relevant, den gesamten Ablauf zu betrachten, vom ersten Dateninput bis zur revisionssicheren Ablage. Hilfreich ist es außerdem, den Fortschritt messbar zu machen. Wie viel Zeit wurde eingespart? Wo sinken Fehlerquoten? Welche Prozesse laufen erstmals vollständig digital? Solche KPIs machen digitale Erfolge sichtbar und erhöhen letztlich auch die Akzeptanz im Team.
- Über den Autor
- Aktuelle Beiträge
Claudia Rothenhorst ist Redakteurin für betriebswirtschaftliche Themen im Blog von docurex.com.