Was ist das Niederstwertprinzip?
Beim Niederstwertprinzip handelt es sich um einen Grundsatz der ordnungsgemäßen Buchführung. Das Niederstwertprinzip ist dabei in § 253 HGB festgelegt. Demnach ist bei der Bewertung betrieblicher Vermögensgegenstände immer der geringste Wert einzusetzen, sofern verschiedene Möglichkeiten existieren. Mit dem strengen, gemilderten und erweiterten Niederstwertprinzip gibt es drei unterschiedliche Varianten.
Definition des Niederstwertprinzip
Beim Niederstwertprinzip handelt es sich um einen Grundsatz der ordnungsgemäßen Buchführung (GoB). Der Grundsatz des Niederstwertprinzips wird ebenso wie das Höchstwertprinzip aus dem Vorsichtsprinzip abgeleitet. Für Unternehmen entfaltet das Prinzip bei der Bewertung des eigenen Vermögens Relevanz. Sofern die Verantwortlichen des Unternehmens das Vermögen berechnen und bilanzieren wollen, ist das Niederstwertprinzip einschlägig. Bei der Aufstellung der Unternehmensbilanz nimmt das Prinzip Bezug auf die kontinuierliche Bewertung von Vermögen und Schulden, welche mit den Kosten für Herstellung von Gütern oder der Erfüllung einhergehen.
Gesetzliche Grundlagen
Das sogenannte Niederstwertprinzip findet sich in den Vorschriften des HGBs wieder. Dabei konkretisiert der § 253 HGB dieses Prinzip. Demnach muss bei der Bewertung von betrieblichem Vermögen immer der niedrigste mögliche Wert angewendet werden. In Verbindung mit dem Steuerrecht ergibt sich somit die Anwendung der §§ 5f EStG, um eine steuerrechtlich ordnungsgemäße Bilanz aufzustellen. Lesen Sie hier alles zum Steuerrecht.
Praktische Anwendung des Niederstwertprinzps
In der Praxis erfolgt die Anwendung des Prinzips immer unter Berücksichtigung des Vorsichtprinzips. Das Vorsichtsprinzip ist ein übergeordneter Grundsatz der ordnungsgemäßen Buchführung, aus welchem wiederum verschiedene Prinzipien der Bewertung abgeleitet werden können:
- Realisationsprinzip
- Imparitätsprinzip
- Höchstwertprinzip
- Niederstwertprinzip
Als übergeordneter Grundsatz erfolgt bei der praktischen Anwendung eine Konkretisierung des Vorsichtsprinzip durch die verschiedenen Bewertungsprinzipien.
Bedeutung des Imparitätsprinzips
Das Imparitätsprinzip legt fest, dass drohende Verluste und nicht realisierte Gewinne different behandelt werden. Der Einbezug der Verluste in die Bilanz ist notwendig, während dies bei der Aufnahme von nicht realisierten Gewinnen anders aussieht. Das Niederstwertprinzip ist hier zudem eine Konkretisierung des Imparitätsgrundsatz.
Das Niederstwertprinzip in der Praxis
Die Anwendung dieses Prinzips erfolgt unter Zugrundelegung des Vorsichtsprinzips. Somit werden Verluste bereits frühzeitig vor der Realisierung erkannt. Das Gleiche trifft auf die Gewinne eines Unternehmens zu. Wenn Verluste realisiert und bilanziert werden, mindert dies den Jahresgewinn des Unternehmens. Die Gewinnausschüttungen sind geringer, die Liquiditätsreserven des Unternehmens wachsen infolgedessen. Durch Anwendung des Bewertungsprinzips sind Unternehmen somit wirtschaftlich stärker aufgestellt und können auch in der Zukunft möglicherweise anfallende Verluste besser kompensieren.
Anlage- und Umlaufvermögen
Beim Niederstwertprinzip ist die Unterscheidung von Anlage- und Umlaufvermögen bedeutsam. Gemeinsam bilden beide Vermögensarten das Gesamtvermögen eines Unternehmens. Das Anlagevermögen umfasst nach § 247 HGB alle Gegenstände, die dauerhaft dem Geschäftsbetrieb eines Unternehmens dienen und somit dauerhaft im Unternehmen angelegt sind. Demgegenüber beschreibt das Umlaufvermögen diejenigen Vermögensgegenstände, die nur temporär dem Geschäftsbetrieb dienen.
Unterschiedliche Arten des Niederwerstprinzip
Das sogenannte Niederstwertprinzip ist nicht nur eine Konkretisierung anderer Prinzipien. Vielmehr erfolgt eine Unterteilung in verschiedene Arten. Eine Unterteilung erfolgt anhand der drei folgenden Varianten:
- gemildertes Prinzip
- strenges Prinzip
- erweitertes Prinzip
Gemildertes Prinzip
Beim gemilderten Prinzip kommt es auf zwei Faktoren an, die eine Bewertung des Vermögensgegenstands ermöglichen. Dies sind der Anschaffungswert sowie der aktuelle Marktwert. Am Tag der Bewertung erfolgt ein
Vergleich zwischen beiden Werten. Das Niederstwertprinzip kommt dann zur Anwendung, wenn es sich um einen Bestandteil des Anlagevermögens handelt. Somit ist für die Unternehmen eine Minderung des Anschaffungswerts durch Abschreibungen möglich. Bei einer dauerhaften Wertminderung ist jedoch das strenge Prinzip einschlägig. Die Beurteilung des Zeitraums liegt im Ermessen des Unternehmens.
Eine Lagerhalle des Unternehmens wird für 500.000 Euro erbaut. Nach einem Brand sinkt der Wert auf 400.000 Euro. Das Unternehmen kann nun das Gebäude nur noch für einen Wert von 400.000 Euro in der Bilanz ansetzen. Wenn der Wert infolge veränderter Grundstückspreise auf 550.000 Euro steigt, ist eine Bilanzierung mit 500.000 Euro nötig. Der Anschaffungswert stellt hier die Grenze dar.
Strenges Prinzip
Das strenge Niederstwertprinzip kommt für das gesamte Umlaufvermögen eines Unternehmens zur Anwendung. Beim strengen Prinzip gibt es kein Wahlrecht, ob Abschreibungen vorgenommen werden oder nicht. Dies unterscheidet die strenge Ausprägung vom gemilderten Prinzip. Die Anwendung des strengen Prinzips führt dazu, dass immer der niedrigste Wert in der Bilanz angesetzt wird.
Wenn ein Unternehmen Diesel-Vorräte im Wert von 2000 Euro eingekauft hat, kommt es auf den Marktwert und den Anschaffungswert an. Wenn der Marktwert im ersten Jahr nur noch bei 1500 Euro liegt, werden die 1500 Euro bilanziert. Steigt der Marktwert im folgenden Jahr auf 2500 Euro, wird immer der Anschaffungswert von 2000 Euro als niedrigster Wert in der Bilanz angesetzt.
Erweitertes Prinzip
Das erweiterte Prinzip führt man ausschließlich der Vollständigkeit halber an. Dies beschreibt, dass Unternehmen bei Abschreibungen des Umlaufvermögens zukünftige Schwankungen des Werts einberechnen dürfen. Seit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz in 2009 darf diese Ausprägung des Niederstwertprinzips nicht mehr zur Anwendung kommen.
Niederstwertprinzip und steuerliche Auswirkungen
Das Niederstwertprinzip wirkt sich infolge der § 5f EStG auch auf die Steuerbilanz des Unternehmens aus. Demzufolge lassen sich Regelungen unterscheiden, die entweder das Anlagevermögen oder das Umlaufvermögen des Unternehmens betreffen.
Regelungen für das Anlagevermögen
Eine Ansetzung beim Anlagevermögen ist nach § 6 I Nr.1 2 EStG dann möglich, wenn die Minderung des Werts voraussichtlich dauerhaft ist und der Wert infolgedessen unter Anschaffungs- und Herstellungskosten sinkt. Andauernd ist die Wertminderung dann, wenn der Teilwert nach mehr als der Hälfte der Nutzungsdauer unter dem restlichen Buchwert liegt.
Regelungen für das Umlaufvermögen
Wenn sich bei einem Vermögensbestandteil durch eine dauerhafte Minderung des Werts ein geringerer Teilwert ergibt, können die Verantwortlichen diesen Wert in der Steuerbilanz ansetzen. Wenn die Wertminderung bis zum Tag der Erstellung der Bilanz fortdauert, ist dies möglich.
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Claudia Rothenhorst ist Redakteurin für betriebswirtschaftliche Themen im Blog von docurex.com.